Heinrich Wollenberg zu StÀbelow

Im dritten Band des „Journal der Chirurgie und Augen-Heilkunde“ von 1822 schrieb der praktische Arzt Dr. KrĂŒger-Hansen aus GĂŒstrow folgendes zum Thema Selbstkastration:

Heinrich Wollenberg zu StĂ€below, etwa 20 Jahr alt, sehr robust, hatte schon von Kindheit auf einen Wasserbruch, den die Aeltern nicht eher beachtet hatten, als bis er ihm im sechzehnten Jahre zu Betreibung des Zimmerhandwerks zu hinderlich ward. Sie suchten AbhĂŒlfe bei einem Leibmedicus, der außer der Palliativoperation nichts unternahm oder vorschlug, und damit den Kranken nach Hause gehen liß; in einigen Wochen hatte sich das Wasser natĂŒrlich wieder gesammelt. Da der unbemittelte Kranke fĂŒr die Auslassung des Wassers drei Thaler hatte zahlen mĂŒssen, und diese nicht fernerhin entrichten konnte, so faste er den Muth, sich selbst von der WasserbĂŒrde zu befreien, und stach mit Erfolg ein scharfes Federmesser in den Schlauch.
Nach vier Wochen war schon dieselbe Menge Wasser wieder da, weshalb er die Operation wiederholte, und er versicherte mir, daß er in gleichen ZeitrĂ€umen sechsunddreißigmal mit demselben Instrumente ohne weitern Nachtheil diese Operation selbst gemacht hĂ€tte. Am 24sten November 1816 fand er die Wiederholung derselben nöthig, aber sein Federmesser war nicht aufzufinden, und er entschloß sich statt dessen sein Bartmesser anzuwenden. Mit einem kraftvollen Zuge giebt er sich einen fingerlangen Schnitt in den Boden des Hodensacks, das Wasser stĂŒrzt aus der Oeffnung hervor, zugleich aber auch der ansehnlich große Hode.
Er bemĂŒht sich, diesen wieder zurĂŒck in den Hodensack zu schieben, aber es will nicht gelingen, da die Dartos sich ĂŒber den Schreck zu stark gerunzelt und zusammengezogen hatte; in seiner BestĂŒrzung entschließt sich der Kranke nun das Messer noch einmal anzuwenden, die Gefahr nicht kennend. Indem der Hode zur Erde fĂ€llt, folgt ihm ein starker Blutstrom; durch sein Geschrei eilen die Hausgenossen herbei, legen den OhnmĂ€chtigen auf das Bett, und eilen zur Stadt zu fahren, um mich zur HĂŒlfe herbeizuholen. Ich fand an dem wie ein HĂŒhnerei großen Hoden einen Theil der Scheidenhaut von drei Linien Dicke, der dehr verblutete Kranke hatte schon mittelst eines Bindfadens den Samenstrang mit seinen BlutgefĂ€ĂŸen gut zugebunden, und weiterem Blutverluste vorgebeugt. – MerkwĂŒrdige Einsicht eines rohen Landmanns. Ich durfte nur die faustgroße Höhle der Scheidenhaut von dem geronnenen Blute entleeren, sie mit Charpie ausfĂŒllen, nach eingetretener Eiterung sie durch eine stark mit rothem Quecksilberoxyd versetzte Salbe in Auflösung und Absterbung versetzen, und schon in der vierten Woche war die verhĂ€rtete Scheidenhaut ganz verschwunden und der Hodensack gut vernarbt.

Trotz dieser unappetitlichen Verletzung, hielt es ihn nicht davon ab, zu heiraten und mindestens zwei Kinder groß zu ziehen.

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