Aus der Verordnung des Mecklenburg-Schwerinschen Herzogs Friedrich Franz vom 28 Februar 1789.
Nachdem ĂŒber mancherley miĂbrĂ€uchliche AnmaaĂungen und zur UngebĂŒhr ausgedehnte willkĂŒrliche Forderungen der Nachrichter in Unsern Landen verschiedene Beschwerden eingegangen sind, haben Wir auf deren Abstellung LandesfĂŒrstlich Bedacht genommen, und in RĂŒcksicht auf den 343. §. des Landesvergleichs, nach vernommenem rathsamen Bedenken des Engern Ausschusses Unserer getreuen Ritter- und Landschaft, die angezeigten MiĂbrĂ€uche in die Schranken der GebĂŒhr und Ordnung nachstehendermaaĂen zurĂŒckgefĂŒhrt.
1. Die GebĂŒhren der Nachrichter und Abdecker bey gerichtlich verfĂŒgten Executionen und Ausrichtungen sollen hiedurch dergestalt bestimmt seyn, wie solche in einem besondern VerzeichniĂ dieser Verordnung angefĂŒgt sich befinden.
2. Ausserdem mögen dem Nachrichter die KleidungsstĂŒcke eines am Leben gestraften Delinquenten, wie er solche zur Zeit seiner Hinrichtung trĂ€gt, anheim fallen, welches jedoch bey der Strafe des Stranges seine Anwendung findet. Gleichergestalt verbleiben die eigentlichen KleidungsstĂŒcke, in welchen ein Selbstmörder, der ein unehrliches BegrĂ€bniĂ erhĂ€lt, angetroffen ist, dem Nachrichter. Hingegen der Wahn, als ob die nachrichter oder deren Leute von den Sachen eines Selbstmörders, so viel sie deren mit dem Schwerdte abreichen mögen, sich zuzueignen hĂ€tten, ist in Mecklenburg, so viel man weiĂ, niemals zur AusĂŒbung gekommen, und soll zum UeberfluĂ hiermit abgeschafft und verboten seyn.
3. Die Nachrichter sind schuldig, alles verreckte Vieh, ohne Unterschied und ohne Kosten des EigenthĂŒmers, in hinlĂ€nglicher Entfernung von menschlichen Wohnungen so tief in die Erde zu verscharren, daĂ es weder von Schweinen aufgewĂŒhlt noch von Hunden aufgefraĂet werden könne, wie denn auch der unanstĂ€ndige Gebrauch, das verreckte und abgelederte Vieh zum FraĂ fĂŒr die Jagdhunde nahe bey den Höfen, StĂ€dten und Wohnörten hinzufahren, hiermit abgestellt und untersagt seyn soll. Da jedoch dem Nachrichter nicht zuzumuthen stehet, die zum Einscharren erforderlichen Gruben auf seine Kosten graben und zuwerfen zu lassen, so hat der EigenthĂŒmer, falls selbiger das Graben nicht durch seine Leute veranstalten will, ihm dafĂŒr besonders, nach Beschaffenheit der Jahrszeit und Witterung, 4 bis 6 Ăl. zu bezahlen.
4. Die Leute, denen ein Haupt-Vieh umkommt, haben und behalten völlige Freyheit, das daran befindliche Geschirr, Sattel, Zaum, Stange, Ketten und dergleichen selbst abzunehmen, ohne deshalb einigen Vorwurf von Jemanden sich zuzuziehen. Auch alsdann, wann sie dieses unterlassen, stehet dem Nachrichter und seinem Knechte nicht frey, ohne des EigenthĂŒmers Einwilligung sich dergleichen zuzueignen. Sie sind vielmehr verbunden, solche StĂŒcke denen, welchen sie gehören, auf Verlangen unentgeldlich zuzustellen.
5. Nur muĂ derjenige, welchem in der Stadt oder auf dem Lande ein Haupt Vieh verrecket, dem Nachrichter davon die Anzeige machen, der sodann ohne Unterschied, ob jener einheimisch oder ein Reisender und Fremder ist, und ob er mit ihm im Orte wohnet oder nicht, dem Ueberbringer solcher Nachricht, 4 Ăl. bezahlen, und daneben, wann die Entfernung eine halbe Meile und darĂŒber betrĂ€gt, das Botenlohn billigmĂ€Ăig vergĂŒten, mithin das Ausfahren, Abledern und Einscharren ungesĂ€umt veranstalten, aber dafĂŒr in keinem Fall besondere Belohnung begehren, sondern an dem Vortheile sich begnĂŒgen soll, welcher ihm an Leder und Talg zufĂ€llt.
6. Zuweilen findet sich an dem geschlachteten Rindvieh, daĂ es inwendig mit Rindshammen, die mit kleinern oder gröĂern, Erbsen oder Bohnen Ă€hnlichen, meistentheils traubenförmigen AuswĂŒchsen, woran sich auch wohl Blasen zeigen, behaftet ist. Da dergleichen an dem Rippen- oder Zwergfell, oder an der Ă€uĂeren FlĂ€che der Lunge, zuweilen auch am Gekröse vorhandener AuswĂŒchse, nach sorgfĂ€ltiger Untersuchung und bewĂ€hrten Erfahrungen, nicht allein keine Anzeigen einer venerischen Krankheit sind, mithin den Namen der Franzosen, welcher nur aus Vorurtheil oder MiĂverstand ihnen beygelegt ist, durchaus nicht verdienen, sondern auch das Fleisch solches Viehes, welches inwendig die vorbeschriebenen Hammen hat, völlig gut, rein und genieĂbar, auch nach oft wiederholten Versuchen und, bey dem unschĂ€dlichen GenuĂ der Einwohner ganzer LĂ€nder, ohne alle Gefahr fĂŒr die Gesundheit genossen wird, so kann und muĂ kĂŒnftig auch in hiesigen Landen dem EigenthĂŒmer solcher Thiere völlig frey stehen, solches Rindfleisch mit dem Talg und der Haut sich zu Nutze zu machen, ohne darĂŒber jemandes Vorwurf besorgen zu dĂŒrfen. Dem Nachrichter aber soll eben darum auch alle BefugniĂ fehlen, daran oder an das Schlachtheil und andere GerĂ€thschaften AnsprĂŒche zu machen.
7. Nur auf ausdrĂŒckliches Verlangen des EigenthĂŒmers, wenn dieser das gesunde und eĂbare Fleisch zu eigener Consumtion nicht behalten oder verkaufen will, oder sonst es zum Verspeisen zu vertheilen keine Gelegenheit haben möchte, oder auch, wann der SchlĂ€chter wegen anderer, beym Ausschlachten wahrgenommenen inwendigen, auch das Fleisch schĂ€dlich und ungenieĂbar machenden wesentlichen Fehler, das Vieh fĂŒr unrein und unbrauchbar erklĂ€rt; nur in diesen FĂ€llen ist der Nachrichter berechtigt und verpflichtet, das Ausfahren durch seinen Knecht beschaffen zu lassen, und es zu vergraben, welches sodann in den hier zuletzt erwĂ€hnten FĂ€llen zusammt der Haut und dem Talg zu bewerkstelligen ist. In allen diesen FĂ€llen, also auch in denen, wo der EigenthĂŒmer das Ausfahren eines mit unschĂ€dlichen Rindshammen behafteten Thieres begehren möchte, bezahlet ihm der EigenthĂŒmer dafĂŒr Einen Thaler.
Wir gebieten und befehlen demnach allen Amts- Guts- und Stadtobrigkeiten in Unsern Landen hiemit gnÀdigst-ernstlich, auf die Beobachtung dieser Unserer Verordnung genau zu halten, sich auch selber allewege darnach zu achten.